News – Veranstaltungen – Calls
24. April 2024 19:00 BuchpräsentationIngeborg Bachmann, Marie Luise Kaschnitz, Hilde Domin, Nelly Sachs: Über Grenzen sprechend. Briefe. Piper/Suhrkamp, München, Berlin, Zürich 2023Ingeborg Bachmann stand mit zentralen Protagonistinnen der deutschsprachigen Literatur im Austausch, nun werden ihre Briefwechsel mit Marie Luise Kaschnitz, Hilde Domin und Nelly Sachs erstmals zugänglich gemacht. Die Briefe geben Einblick in die Lebensbedingungen, das literarische S...Weiterlesen... |
02. Mai 2024 18:30 Simon Wiesenthal LectureNever Too Late to Remember, Never Too Late for Justice! Holocaust Research and Commemoration in Contemporary PolandIn 1994, Simon Wiesenthal received a doctorate honoris causa from the Jagiellonian University in Krakow for his lifelong quest for justice – half a century after he had been, for a short time, prisoner of the local Nazi Concentration Camp (KL) Plaszow. The 1990s were the decade when t...Weiterlesen... |
07. Mai 2024 00:00 - 04. Juni 2024 00:00 WorkshopDealing with Antisemitism in the Past and Present. Scientific Organisations and the State of Research in AustriaThis series of talks, presented by antisemitism experts from different organisations that research antisemitism using a variety of academic approaches, aims to provide a snapshot of historical evolutions, current events, prevalent perceptions and declared (and undeclared) attitudes. I...Weiterlesen... |
Maayan Armelin
Junior Fellow (10/2020 – 3/2021)
Leadership Styles and Social Relations in the SS-Einsatzgruppen
Im Fokus des Promotionsvorhaben stehen Führungsstile der Befehlshaber der SS-Einsatzgruppen sowie deren Sozialbeziehungen untereinander: Wie beeinflussten Zusammenhalt, Kameradschaft, Herkunft und Prägung den Impuls zur Teilnahme am Massenmord? Im vorliegenden Projekt wird anhand von Forschungsliteratur an die genannten Themenkreisen angeknüpft, und es werden Handlungsstrukturen, Kontexte und Sozialbeziehungen innerhalb verschiedener Institutionen des NS-Regimes untersucht.
Durch die Anwendung sozialpsychologischer Konzepte wie gruppeninternen Dynamiken, ‚leadership’-Ansätzen und Fragen zu Konformität und Gruppendruck, analysiert die Studie Aussagen ehemaliger Einsatzgruppenmitglieder aus Deutschland und Österreich. Die Zusammenführung historischer und psychologischer Perspektiven veranschaulicht, wie bestimmte soziale Dynamiken zum Ausmaß der von den Einsatzgruppen begangenen Massenverbrechen beitrugen.
Maayan Armelin ist Doktorandin am Strassler Center for Holocaust and Genocide Studies an der Clark University in Worcester, MA. Ihren BA in Geschichte und Psychologie sowie MA in Sozialpsychologie erlangte sie an der Universität Haifa. Sie erhielt Fellowships von der Claims Conference (2014–2019) und von EHRI (2017–2018). Zuvor war sie am Strochlitz Institute for Holocaust Research an der Universität Haifa und im Redaktionsteam des Journal of Holocaust Research beschäftigt.
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Lukas Meissel
Junior Fellow (10/2020 – 8/2021)
Der Täterblick. SS-Fotografien aus den Konzentrationslagern
Das Promotionsvorhaben untersucht Fotografien von Tätern in nationalsozialistischen Lagern, insbesondere jene, die von SS-Männern gemacht und in deren Erkennungsdiensten entwickelt wurden. Diese Aufnahmen umfassen Häftlingsporträts, Fotos von Häftlingen bei der Zwangsarbeit, von Baustellen und Gebäuden am Lagergelände, von Leichen ermordeter Häftlinge, von SS-Veranstaltungen wie Zeremonien und Besuche von Delegationen und NS-FunktionärInnen sowie private Bilder von SS-Angehörigen. Ziel des Projektes ist es, nicht nur zu analysieren, was auf den Aufnahmen zu sehen ist, sondern die Bilder auch als visuelle Narrative der TäterInnen über die Konzentrationslager zu interpretieren.
Die Fotos veranschaulichen, wie die Lager in den Vorstellungen der SS zu funktionieren hatten, und bilden somit eine idealisierte Realität ab, die als solche nie existierte. Ein zentrales Argument des Vorhabens ist, dass diese Fotos innerhalb der SS und bisweilen über diesen inneren Kreis der TäterInnen hinaus eine entscheidende Rolle bei der Legitimierung der nationalsozialistischen Lager spielten.
Lukas Meissel ist Doktorand an der Universität Haifa. Vor seinem Studium in Israel war er als Historiker in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien sowie als stellvertretender Obmann des Vereins Gedenkdienst tätig. Er war als Projektmitarbeiter für Yad Vashem tätig und leitete zahlreiche Studienfahrten. In Israel, den USA, Deutschland und Österreich hat er diverse Fellowships erhalten und in den Bereichen visuelle Geschichte, Holocaust-Studien und -erziehung sowie Antisemitismus publiziert.
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Connor Sebestyen
Junior Fellow (11/2020 – 5/2021)
Deutsche KriegsverbrecherInnen 1945–1958. Ihre Inhaftierung durch die Alliierten, ihre Gefängnisse, ihr Leben als Gefangene und die deutsche Gesellschaft
Von einem vergleichenden Ansatz ausgehend, untersucht das Promotionsvorhaben die Inhaftierung deutscher KriegsverbrecherInnen – von denen viele des Massenmords und Genozids für schuldig befunden worden waren – durch die Westalliierten. Die der Inhaftierung vorangegangenen Kriegsverbrecherprozesse waren und sind Gegenstand eines regen akademischen Interesses. Jedoch ist der Art und Weise, wie die einzelnen Urteile vollstreckt wurden, bisher wenig Beachtung zugekommen. Für ein besseres Verständnis der Nachkriegsjustiz und deren Wahrnehmung durch die deutsche Öffentlichkeit ist es aber unerlässlich, die Umstände der Gerichtsverhandlungen, der Verurteilungen sowie der Haft noch unter alliierter Verantwortung näher zu beleuchten.
Das Forschungsprojekt untersucht außerdem, wie die Gefängnisse der westlichen Alliierten verwaltet wurden und welche Rolle sie insgesamt in der öffentlichen Wahrnehmung der Nachkriegsjustiz spielten. Mittels Archivmaterial aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland wird gezeigt, wie mittlere und niedere BeamtInnen der Westalliierten – auch unter dem Druck der deutschen Öffentlichkeit – den Umgang mit KriegsverbrecherInnen beeinflussten, die öffentliche Nachsicht gegenüber NS-TäterInnen forcierten und schließlich deren massenhafte Amnestierung entscheidend begünstigten.
Connor Sebestyen ist Doktorand in Geschichte und Jüdische Studien an der Universität Toronto. Seine Forschungsschwerpunkte liegen an der Schnittstelle von Militärgeschichte und internationalen Beziehungen sowie der gesellschaftlichen und juristischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Er erhielt Fellowships unter anderem am Massey College, von der Holocaust Education Foundation sowie von den Regierungen Ontarios, Kanadas und Deutschlands. Zuvor studierte er an der Trent University, an der Queen’s University und an der Oxford University.
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Judith Vöcker
Junior Fellow (10/2020 - 8/2021)
“In the Name of the German Nation.”
Die deutsche Gerichtsbarkeit in Warschau und Krakau während der NS-Okkupation
Das Promotionsvorhaben untersucht die deutsche Gerichtsbarkeit im Generalgouvernement mit einem Fokus auf die Frage, wie Straftaten von Jüdinnen und Juden, PolInnen und Volksdeutschen abgeurteilt wurden. Wie definierten die BesatzerInnen überhaupt Verbrechen und auf welcher rechtlichen Basis wurden vermeintliche Vergehen sanktioniert? Im Fokus stehen das Deutsche Gericht und die Sondergerichte in Warschau und Krakau, da diese nicht nur jüdische, sondern auch polnische und volksdeutsche Angeklagte strafrechtlich belangten.
Das Projekt untersucht den Wandel der Gerichtsurteile über die Jahre der NS-Okkupation, um festzustellen, welche Veränderungen innerhalb dieser Körperschaften eintraten – und schließlich inwieweit sie mit der Okkupationspolitik in diesen Gebieten bzw. dem aus deutscher Sicht erfolgreichen oder gescheiterten Kriegsverlauf in Zusammenhang standen. Zu diesem Zweck werden in einem ersten Schritt die Okkupationspolitik im Generalgouvernement sowie deren politische und strategische Ziele analysiert. Diese Ergebnisse werden dann mit den Taten verglichen, für die Jüdinnen und Juden, PolInnen oder Volksdeutsche während der NS-Okkupationszeit belangt wurden. Der Fokus liegt auf einer Rekonstruktion des Umgangs der deutschen Gerichtsbarkeit mit diesen Fällen und auf dem Ausmaß des Einflusses, den die Okkupationsziele, rassistische Ideologien und der Kriegsverlauf auf die Urteilspraxis ausübten.
Judith Vöcker ist Doktorandin am Stanley Burton Centre for Holocaust and Genocide Studies an der Universität Leicester. Sie hat zahlreiche Fellowships erhalten, darunter beim Midlands4Cities Doctoral Programme des Arts and Humanities Research Council und von der European Holocaust Research Infrastructure. Davor hat sie Slawische Studien, Deutsche Literatur und Linguistik in Köln, Moskau und Krakau sowie Osteuropäische Geschichte in Frankfurt/Oder und London studiert.
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Timo Aava
Junior Fellow (10/2021-08/2022)
Jüdische Kulturautonomie im Estland der Zwischenkriegszeit und die Lebensbahnen jüdischer Autonomie-AktivistInnen nach dem Zusammenbruch
Der Fokus dieses Forschungsprojekts ist die jüdische Kulturautonomie im Estland der Zwischenkriegszeit. Das Kulturautonomiegesetz von 1925 ermöglichte es den ethnischen Minderheiten eigene und unabhängige Regierungs- und Verwaltungsstrukturen aufzubauen und, durch Steuereinnahmen finanziert, selbstständige Entscheidungen für den Kultur- und Bildungsbereich zu treffen. Zwei Minderheitengruppen – die deutsche und die jüdische – etablierten eine Selbstverwaltung. Ich verfolge die Genese der jüdischen Autonomie und analysiere ihre Funktionsweise. Die Analyse widmet sich auch der Frage inwieweit die estnische jüdische Gemeinschaft sich an breiteren Debatten über jüdische Autonomie in der Spätphase des zaristischen Russlands sowie der Revolutionszeit beteiligte. Zugleich werden die Lebensbahnen einzelner Führungsgestalten jüdischer Autonomie in dieser Umbruchszeit nachgezeichnet.
Timo Aava ist Doktorand und Mitglied des ERC-Projekts NTAutonomy am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien. Er war als Forschungsmitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften tätig und hat Geschichte an der Universität Tartu studiert, wo er 2015 seinen Master abschloss. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen: politische Ideen mit einem Fokus auf dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, baltische und estnische Geschichte, Marxismus, Nationalismus, nicht-territoriale Autonomie.
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Philipp Dinkelaker
Junior Fellow (10/2021-06/2022)
‘Jüdische Kollaboration’? – Ehrengericht, Strafgericht und Entschädigungsverfahren gegen Shoah Überlebende im post-nationalsozialistischen Deutschland
Mein PhD-Projekt beschäftigt sich mit den moralisch-ethischen Vorwürfen und dem strafrechtlichen Vorgehen gegenüber deutsch-jüdischen Überlebenden der Shoah, die im geteilten Nachkriegsdeutschland als Nazi-Kollaborateure beschuldigt wurden. Gegenstand meiner Analyse sind die Eigenlogiken mit denen deutsch-jüdische Überlebende und die beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften jenen Jüdinnen und Juden begegneten, die von den Nazis zu Gewalt an Anderen gezwungen worden waren. Meine Analyse ist vor dem breiteren Hintergrund der deutschen Vergangenheitsbewältigung verortet. Anhand neu zusammen gestellter Quellen zeige ich, dass die derart beschuldigten, jüdischen Überlebenden nicht nur vor inner-jüdische Ehrengerichte gestellt wurden, sondern dass eine beachtliche Zahl vermeintlicher Gestapo-HelferInnen von der deutschen oder sowjetischen Gerichtsbarkeit verurteilt wurde, während die eigentlichen Täter aus der Riege der Gestapo weitgehend straffrei blieben.
Philipp Dinkelaker, studierte Neue Geschichte, Alte Geschichte und Philosophie in Berlin. Seine 2017 im Metropol Verlag erschienene Magisterarbeit Das Sammellager in der Synagoge Levetzowstraße 1941/1942 widmet sich einem bisher unerforschten Tatort der Shoah in Berlin und dessen Wahrnehmbarkeit im Alltag der damaligen Reichshauptstadt. Philipp Dinkelaker war Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung und Fellow am Zentrum für Holocaust-Studien des Instituts für Zeitgeschichte in München.
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Lida-Maria Dodou
Junior Fellow (10/2021-08/2022)
Wege in die Sicherheit. Kriege, Antisemitismus und 500 Juden aus Salonika auf der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort, 1910-1938
Dieses Projekt untersucht den Einfluss von Antisemitismus auf eine Gruppe Juden aus Salonika, die zwischen 1910 und 1938 die österreichische StaatsbürgerInnenschaft annahmen. Diese Gruppe setzte sich primär aus der wirtschaftlichen und politischen, jüdischen Oberschicht der Stadt zusammen und ihre Aktivitäten hatten großen Einfluss auf das Gesamtgruppengefüge. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Rolle von Antisemitismus bei der Entscheidungsfindung für die österreichische StaatsbürgerInnenschaft eingehend zu analysieren. Daneben wird auch die grenzübergreifende Mobilität dieser Gruppe im Europa der Zwischenkriegszeit rekonstruiert. Das Projekt nähert sich seinem Gegenstand aus einer transnationalen und transimperialen Perspektive und stützt sich methodologisch auf die soziale Netzwerkanalyse.
Lida-Maria Dodou ist Doktorandin an der Universität Wien. Ihr Forschungsprojekt widmet sich den Juden von Salonika, die sich im Habsburger Reich ansiedelten und ist Teil des Forschungsbereichs State, Politics and Governance in Historical Perspective. Ihren MA in Politikwissenschaft und Geschichte absolvierte sie an der Panteion Universität in Athen und erhielt für ihre Masterarbeit mit dem Titel Economy, Society, Politics and the Relations between Greeks and Jews in Salonika, 1908-1913 ein Fellowship der Landesregierung Steiermark.
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Anna Corsten
Junior Fellow (01/2020–07/2020)
Vom Außenseiter zum Pionier. Emigrierte Zeithistoriker deuten Nationalsozialismus und Holocaust
Nach 1945 wuchs das Interesse an der deutschen Geschichte auf internationaler Ebene. Verschiedene Wissenschaftler versuchten, das Abgleiten in eine Diktatur zu erklären. Wesentliche Impulse kamen dabei von deutschsprachigen, jüdischen Historikern. Viele davon waren in die USA emigriert.
Dieses Projekt analysiert, wie sich diese Historiker (und die wenigen Historikerinnen) als Grenzgänger zwischen dem amerikanischen und (west)deutschen Wissenschaftsbetrieb nach 1945 darum bemühten, die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (neu) zu deuten. Damit einher ging eine Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Schicksal, weswegen sie häufig als ‚befangen‘ stigmatisiert wurden. Das Projekt fragt daher gleichzeitig nach den Reaktionen auf ihre Forschung in Westdeutschland und den USA.
Die Analyse stützt sich auf folgende Fallbeispiele: George Hallgarten, Hans Rosenberg und Hajo Holborn als Repräsentanten einer sozialgeschichtlich dominierten Ursachenforschung; George Mosse, Fritz Stern und Georg Iggers, die sich einer geistes- und kulturgeschichtlichen Analyse des Aufstiegs des Nationalsozialismus widmeten; Adolf Leschnitzer und Herbert A. Strauss als Vertreter der neueren jüdischen Geschichte sowie Henry Friedlander, Raul Hilberg, Rita Steinhardt Botwinick und Gerhard Weinberg als Pioniere der Holocaustforschung. Die Arbeit stützt sich auf Nachlässe, Werke und Besprechungen dieser Werke.
Anna Corsten ist Doktorandin am Historischen Seminar der Universität Leipzig und war zwischen 2016 und 2019 Stipendiatin der Gerda Henkel Stiftung. Sie studierte Geschichte und Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Université de Lausanne. In den Jahren 2014 und 2015 absolvierte sie Praktika an den Leo Baeck Instituten in New York und London und war Doctoral Fellow am German Historical Institute (GHI) in Wahington DC.
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Dagi Knellessen
Junior Fellow (10/2019–06/2020)
Paradoxien der Zeugenschaft. Jüdische Überlebende in bundesdeutschen Sobibor-Prozessen, 1949–1989
Mit dieser Langzeitstudie wird die Zeugenschaft von mehr als vierzig jüdischen Überlebenden des Vernichtungslagers Sobibor, die zwischen 1949 und 1989 in fünf bundesdeutschen Sobibor-Prozessen ausgesagt haben, systematisch untersucht. Rekonstruiert werden das Zustandekommen, der Verlauf und die konkreten Umstände der Zeugenschaft, wobei drei elementare Aspekte in den Blick genommen werden:
1) Die Initiativen, Aktivitäten und transnationalen Verflechtungen der Überlebenden sowie ihre Aussagemotive und -strategien
2) Die weltweite Beteiligung von jüdischen Organisationen, wie dem World Jewish Congress und Einzelakteuren wie Simon Wiesenthal
3) Die Anforderungen und die jeweils zeitgenössische Verfasstheit des konstitutiven Rahmens der bundesdeutschen Justiz, das jeweilige Prozessgeschehen wie die juristische Bewertung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen durch Staatsanwälte und Richter
Im Gesamtbild zeigt sich: Die Sobibor-Überlebenden sagten stetig über vier Dekaden in westdeutschen Gerichtssälen als Zeugen aus. Hier rückten sie auf Grund der besonderen Tatumstände in eine exponierte wie prekäre Position. Zudem trafen sie auf eine Justiz, die ihnen mit immer größer werdendem Misstrauen entgegentrat und sie zunehmend vor paradoxe Anforderungen stellte. In diesem besonderen Fall wird eine Entwicklung der Zeugenschaft erkennbar, die in deutlichem Widerspruch zur allgemeinen deutschen Perzeptions- und Aufarbeitungsgeschichte des Holocaust nach 1945 steht.
Dagi Knellessen ist seit 2015 Doktorandin am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow in Leipzig. Ihr Magisterstudium der Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft und Psychologie schloss sie 2001 an der Technischen Universität Berlin ab. Von 2001 bis 2005 hat sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut, Frankfurt/Main an der Ausstellung über den ersten Frankfurter Auschwitz Prozess mitgearbeitet. Von 2005 bis 2015 war sie als freie Erziehungswissenschaftlerin in Berlin tätig und hat an Forschungs- und Bildungsprojekten zur Wahrnehmungsgeschichte des Holocaust, zur juristischen Aufarbeitung nach 1945, Formen der Zeugenschaft von NS-Verfolgten und jüdischen Überlebenden sowie in Oral History Projekten mitgewirkt und zu diesen Themen publiziert.
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Lovro Kralj
Junior Fellow (10/2019–08/2020)
Den Weg zum Tod ebnen. Antisemitismus in der Ustaša-Bewegung 1929–1945
Lovro Kraljs Dissertation ist eine Neuauslegung der Bedeutung des Antisemitismus in der Ustaša-Bewegung. Sie überschreibt traditionelle historiographische Interpretationen, die den Antisemitismus der Ustaša auf eine reine Imitation des Nationalsozialismus reduzieren und argumentieren, dass die Ustaše nur wegen des deutschen Drucks oder um die Deutschen zu beschwichtigen am Holocaust teilnahmen. Kraljs Hauptargument demgegenüber ist, dass der Antisemitismus das Schlüsselelement für die Faschisierung der Bewegung war.
Diese wechselseitige Abhängigkeit von Antisemitismus und Faschismus wird anhand einer quantitativen Analyse verschiedener kroatischer antisemitischer Veröffentlichungen in der Zwischenkriegszeit untersucht. Die konkrete Umsetzung antisemitischer Politik im Unabhängigen Kroatischen Staat wird weiters durch einen Vergleich der Verfolgung von Juden in Križevci, Osijek und Sarajevo analysiert: Während die Ereignisse in Križevci jenen Ansätzen zuwiderlaufen, die den Holocaust als ein von oben initiiertes Unterfangen interpretieren, zeigen Sarajevo und Osijek die vielfältigen Funktionen des Antisemitismus in einer multiethnischen Umgebung.
Lovro Kraljs Forschungsschwerpunkte sind Faschismus, Antisemitismus und Holocauststudien mit Schwerpunkt auf Mittel- und Südosteuropa. Er nahm an mehr als zwanzig internationalen Workshops und Konferenzen teil, so auch Lessons & Legacies. Kralj erhielt mehrere Stipendien, darunter das Sharon Abramson Research Grant und das Saul Kagan Fellowship in Advanced Shoah Study.
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Paula Oppermann
Junior Fellow (11/2019–07/2020)
Wechselnde Umstände, beständige Agenda. Ideologie und Handlungen der lettischen faschistischen Pērkonkrusts-Partei
Forschungsgegenstand ist die faschistische Pērkonkrusts-Partei (Donnerkreuz). Es wird untersucht, wie die Organisation in den 1930er-Jahren ihre ultranationalistische, antisemitische Ideologie entwickelte und mit Angriffen auf Juden zum Zerfall der lettischen Zivilgesellschaft beitrug. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird der Rolle des Pērkonkrusts während des Zweiten Weltkriegs nachgegangen. Dessen Mitglieder beteiligten sich auf verschiedenen Ebenen im deutschen Besatzungs- und Vernichtungsapparat.
Nachdem die Deutschen die Partei im August 1941 verboten hatten, nahmen einige Männer zum nationalen Widerstand Verbindung auf, während viele im Dienst der Besatzer blieben. Trotzdem etablierten nach dem Krieg vor allem diejenigen Mitglieder, die nach Nordamerika und Westeuropa ausgewandert waren, das Bild der Pērkonkrusts-Männer als patriotische Widerstandskämpfer. Das vorliegende Projekt hinterfragt ihre Erzählung und deckt Kontinuitäten der politischen Überzeugungen und Aktivitäten von den 1930er-Jahren bis in die Nachkriegszeit auf.
Paula Oppermann studierte Geschichte, Baltistik und Holocaust- und Genozidstudien in Greifswald und Uppsala. Anschließend war sie in der Wiener Library und der Stiftung Topographie des Terrors beschäftigt. Seit 2017 ist sie Doktorandin an der Universität Glasgow und untersucht die Geschichte der lettischen faschistischen Partei Pērkonkrusts (Donnerkreuz). Im Rahmen der Dissertation war sie u.a. Fellow am Institut für Zeitgeschichte München und am Institute for Russian and Eurasian Studies der Universität Uppsala.
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