Events
The Vienna Wiesenthal Institute for Holocaust Studies (VWI) organises academic events in order to provide the broader public as well as an expert audience with regular insights into the most recent research results in the fields of Holocaust, genocide, and racism research. These events, some of which extend beyond academia in the stricter sense, take on different formats ranging from small lectures to the larger Simon Wiesenthal Lectures and from workshops addressing an expert audience to larger international conferences and the Simon Wiesenthal Conferences. This reflects the institute’s wide range of activities.
The range of events further extends to the presentation of selected new publications on the institute’s topics of interest, interventions in the public space, the film series VWI Visuals, and the fellows’ expert colloquia.
Simon Wiesenthal Lecture | |||
Bettina Stangneth: Gefährliches Verstehen-Wollen. Adolf Eichmanns Wissen über Urteilskraft und Manipulation | |||
Thursday, 15. November 2012, 18:30 Dachfoyer des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Minoritenplatz 1, 1010 Wien
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Seit die Welt vom Massenmord an den europäischen Juden und Jüdinnen weiß, stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte. Wie war es möglich, Millionen von Menschen aus ihrem Lebenszusammenhang zu reißen, »in den Osten« zu deportieren und dort zu ermorden. Einer, der maßgeblich den Massenmord organisiert hatte, war Otto Adolf Eichmann. In der NS-Zeit machte er als »Spezialist für Judenfragen« Karriere, weil niemand so effektiv Vertreibung, Verfolgung und Ermordung realisieren konnte wie er. Das Interesse an diesem Mann war entsprechend groß, als man ihm 1961 in Israel den Prozess machte. Der Eindruck, den Eichmann in Jerusalem auf die Prozessbeobachter und -beobachterinnen machte, wollte dennoch nicht zu seiner mörderischen Laufbahn passen. Konnte jemand, der so harmlos wirkte, tatsächlich so gefährlich gewesen sein? Aber Adolf Eichmann wusste nicht nur, wie man Deportationen organisiert; er wusste vor allem, wie man Opfer organisiert. Denn Menschen zu manipulieren – das gelang ihm zu allen Zeiten, sogar noch als Angeklagter vor Gericht. Das ist der Grund, warum wir danach fragen müssen, was dieser Menschheitsverbrecher über die menschliche Urteilskraft und die Möglichkeit wusste, uns diese Kraft zu nehmen, ja mehr noch, sogar unseren Wunsch zu Verstehen gegen uns zu verwenden.
Bettina Stangneth, Philosophin, promovierte über das Radikal Böse bei Immanuel Kant, gab Kants Religionsschrift kommentiert heraus und arbeitete zum Antisemitismus im 18. Jahrhundert und zur Philosophie im Nationalsozialismus. Seitdem forscht Stangneth zur Lügentheorie. 2011 erschien Eichmann vor Jerusalem, 2012 folgte mit Lüge! Alles Lüge! die Rekonstruktion der Aufzeichnungen des Eichmann-Verhörers Avner Werner Less. Zur Zeit arbeitet Stangneth u.a. an der historisch- kritischen Neuausgabe von Hannah Arendts Eichmann in Jerusalem.
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